Dissoziation und dissoziative Störung
Was versteht man unter Dissoziation?
Dissoziation ist ein psychischer Prozess, bei dem Personen teilweise oder vollständig den Zugang zu ihren Gedanken, Erinnerungen, Gefühlen oder ihrer Identität verlieren. Das kann eine Bewältigungsreaktion auf ein Trauma oder eine andere Belastungssituation sein. Jemand, der dissoziiert fühlt sich losgelöst von sich selbst oder der Umwelt, was die Wahrnehmung erheblich beeinträchtigt. Dissoziative Symptome treten dabei entweder kurzzeitig auf oder manifestieren sich zu einer chronischen Störung.
An welchen Symptomen merkt man dissoziative Zustände?
Dissoziative Zustände sind durch eine Reihe charakteristischer Symptome gekennzeichnet. Dies können von Taubheit über Amnesie bis hin zu Depersonalisation und Derealisation reichen. Sie sehen sich selbst oder die Welt um sich herum verzerrt und weniger echt. Betroffene Personen haben dann oft Schwierigkeiten, zwischen realen und inneren Erlebnissen zu unterscheiden, was Angst und Panikattacken begünstigt.
Diese Symptome können plötzlich auftreten und sind häufig eine Reaktion auf psychische Belastungen oder Erinnerungen an zurückliegende Traumata. Es kommt auch vor, dass sie sich selbst verletzen, was häufig bei Menschen mit einer dissoziativen Störung oder stressbedingten Erkrankungen wie PTBS vorkommt. Die Symptome und wie stark sie sind, können je nach Art der Dissoziation variieren und von ein paar Minuten bis zu mehreren Stunden andauern.
Wann spricht man bei Dissoziation von einer psychische Störung?
Von einer dissoziativen Störung spricht man, wenn dissoziative Zustände so stark ausgeprägt sind, dass sie den Alltag einer Person erheblich beeinträchtigen. Das bedeutet, dass die Dissoziation immer wieder passiert und das Arbeit, soziale Kontakte oder andere wichtige Lebensbereiche nicht mehr bewältigt werden können, was erheblichen Leidensdruck verursacht.
Die betroffenen Personen fühlen sich, als wären sie mehrere Personen gleichzeitig, und haben kein einheitliches Identitätsgefühl, wissen also nicht, wer sie sind. Ihre Gedanken, Wahrnehmung und ihr Bewusstsein arbeiten nicht zusammen, sondern funktionieren unabhängig voneinander. Gesunde dissoziative Symptome dienen als eine Art Schutzmechanismus, um das psychische Gleichgewicht selbst unter schwierigen Bedingungen zu halten. Schwere dissoziative Störungen wirken demgegenüber äußert belastend und sind behandlungsbedürftig.
Welche traumatischen Erfahrungen führen zu Abspaltung von Persönlichkeitsanteilen?
Traumata wie schwerer Kindesmissbrauch, immer wiederkehrende körperliche oder emotionale Misshandlungen oder andere lebensbedrohliche traumatische Ereignisse können dazu führen, dass sich Teile der Persönlichkeit abspalten. Diese Abspaltung fungiert als Überlebensstrategie, die es der Person ermöglicht, mit den unerträglichen Schmerzen oder Konflikten klarzukommen, indem die traumatischen Erinnerungen vom bewussten Selbst getrennt werden. In extremen Fällen kann das zur Ausprägung einer dissoziativen Identitätsstörung führen.
Die Persönlichkeit des Betroffenen entwickelt sich nicht zu einer integrierten Einheit weiter; stattdessen existieren mehrere Persönlichkeitsanteile nebeneinander. Diese Spaltungen halten überwältigende Erfahrungen aus dem Bewusstsein fern und verhindern die Entstehung einer einheitlichen Identität mit zusammenhängenden Erfahrungen und Erinnerungen. Dissoziative Zustände treten besonders unter stark belastenden psychischen Bedingungen auf, bei denen das Bewusstsein und andere psychische Funktionen wie Gedächtnis und Umweltwahrnehmung stark zerstückelt und desintegriert werden.
Welche verschiedenen Formen der Dissoziation gibt es?
Es gibt verschiedene Formen der Dissoziation, die jeweils ihre eigenen spezifischen Symptome haben. Zu den bekanntesten gehören die dissoziative Amnesie, die dissoziative Fugue, Depersonalisation/Derealisation und die dissoziative Identitätsstörung. Alle diese Formen zeichnen sich durch das Fehlen einer bewussten Kontrolle über kognitive, emotionale und handlungsbezogene Prozesse aus.
Dissoziative Amnesie bedeutet vor allem Gedächtnisverlust, während die dissoziative Fugue plötzliche und unerwartete Fluchtreaktionen mit Identitätsverlust umfasst. Depersonalisation beschreibt ein Gefühl der Entfremdung von sich selbst, und Derealisation bezieht sich auf eine Störung der Umgebungswahrnehmung. Die dissoziative Identitätsstörung, auch bekannt als multiple Persönlichkeitsstörung, beinhaltet das Vorhandensein von zwei oder mehr unterschiedlichen Persönlichkeitszuständen. Ein dissoziativer Stupor ist ein Zustand, in dem eine Person für eine gewisse Zeit nicht auf äußere Reize reagiert und sich in Trancezuständen befindet. Zudem können dissoziative Sensibilitäts- und Empfindungsstörungen auftreten, welche die Körperwahrnehmung weiter beeinträchtigen.
Wie wird eine dissoziative Störung diagnostiziert?
Die Diagnose einer dissoziativen Störung wird durch eine umfassende psychische Untersuchung gestellt, einschließlich einer detaillierten Anamnese sowie dem Einsatz spezialisierter Fragebögen und Interviews. Ärzte und Therapeuten bewerten die Symptome hinsichtlich ihrer Schwere und Dauer und grenzen sie von anderen psychischen Erkrankungen wie Schizophrenie oder bipolaren Störungen ab. Insbesondere wird untersucht, ob die Dissoziation als Reaktion auf Traumata auftritt, was oft im Kontext von posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) relevant ist. All diese Symptome werden mit den Kriterien der ICD 10 unter F44.3 abgeglichen.
Wie behandelt man dissoziative Erkrankungen?
Die Behandlung dissoziativer Störungen setzt sich aus verschiedenen therapeutischen Ansätzen zusammen. Psychotherapie bildet häufig die Grundlage, wobei speziell auf die dissoziative Problematik ausgerichtete Methoden wie die kognitive Verhaltenstherapie und die traumaspezifische Therapie zur Anwendung kommen. Diese Therapieformen zielen darauf ab, die Ursachen der Dissoziation zu adressieren und den Patienten dabei zu unterstützen, ihre traumatischen Erfahrungen zu verarbeiten und eine Stabilisierung des psychischen Zustandes zu erreichen.
Zusätzlich können Medikamente eingesetzt werden, um begleitende Symptome wie Depression oder Angst zu behandeln, die oft mit dissoziativen Störungen verbunden sind. Eine spezielle therapeutische Technik, die bei dissoziativen Störungen effektiv sein kann, ist die der Eye Movement Desensitization and Reprocessing (EMDR). Diese Methode hilft, die mit traumatischen Erinnerungen verbundenen intensiven Emotionen zu mildern und die Erlebnisse neu zu verarbeiten.
Insgesamt erfordert die Behandlung dissoziativer Störungen eine individuell abgestimmte Kombination aus therapeutischen Interventionen, um den Patienten die beste Unterstützung bei der Bewältigung ihrer Erkrankung zu bieten.
Was kann man bei dissoziativen Zuständen im Alltag tun?
Um dissoziative Zustände im Alltag effektiv zu managen, ist es für Betroffene entscheidend, die Auslöser dieser Zustände zu identifizieren und adäquate Bewältigungsstrategien zu entwickeln. Techniken zur Stabilisierung und Selbstberuhigung, einschließlich Achtsamkeit, sind besonders hilfreich. Diese Methoden verbessern die Selbstwahrnehmung und die Körperwahrnehmung, was es Betroffenen ermöglicht, dissoziative Symptome besser zu erkennen und darauf zu reagieren.
Geregelte Tagesabläufe und regelmäßige körperliche Aktivität tragen ebenfalls dazu bei, die Symptome zu mildern und die Bewegungsfähigkeit zu erhalten. Es ist außerdem essenziell, eng mit einem Therapeuten zusammenzuarbeiten, um individuelle Strategien zu entwickeln, die auf spezifische Bedürfnisse und Erfahrungen zugeschnitten sind. Diese Zusammenarbeit kann auch dazu beitragen, spezifische dissoziative Symptome wie dissoziative Krampfanfälle und dissoziative Bewegungsstörungen zu verstehen und zu behandeln.
Des Weiteren kann das Erlernen von Techniken zur Kontrolle über das Verhalten und das Management von Panikattacken und Stresserfahrungen eine entscheidende Rolle spielen. Das Bewusstsein für die Umgebungswahrnehmung und Körperempfindungen zu stärken, hilft Betroffenen, im Moment zu bleiben und eine Eskalation der dissoziativen Zustände zu verhindern.
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